Steigende Zellstoffpreise, Streiks in Papierfabriken, Mehrkosten beim Transport, massiv erhöhter Kartonverbrauch und der Trend weg von Plastik hin zu Papierverpackungen hat Papier zu einer Mangelware werden lassen. Wie gehen Schweizer Druckereien damit um? Fragen an Andy Amrein, CEO der Kromer Print AG in Lenzburg.
Herr Amrein, der Bundesverband Druck und Medien e. V. meldete im März, dass bereits 72 Prozent der Branchenbetriebe 2022 wegen der Papierknappheit Aufträge verloren haben. Wie sieht die Situation für die Kromer Print AG aus?
Andy Amrein: «Dies betrifft uns nicht direkt, da die Verfügbarkeit bisher in unseren Prozessen gewährleistet werden konnte. Aufgrund unserer ‘Single Source Einkaufsstrategie’ mit entsprechenden Verträgen wie z.B. Papermanagement konnten wir die Kundenbedürfnisse befriedigen.»
Ist die Nachfrage grösser als das Angebot, steigt in der Regel der Preis. Wie viel teurer ist Papier für euch im Ankauf?
«Je nach Papiersorte bis zu 80 Prozent, Tendenz steigend. Die Unterschiede sind gross, eine zuverlässige Planung schwierig bis unmöglich und eine Entspannung ist aktuell nicht in Sicht.»
Auch die Energie-Preise steigen. Wurde die Produktion durch höhere Strompreise und/oder der Versand der fertigen Druckprodukte durch höhere Betriebsstoffpreise verteuert?
«Beides muss mit ja beantwortet werden. Massiv höhere Strompreise für unseren 24-Stunden Produktionsbetrieb machen sich ebenso bemerkbar wie höhere Treibstoffpreise.»
Die Corona-Pandemie hat die Schweizer KMU bereits arg gebeutelt. Sind noch genug finanzielle Reserven vorhanden, um diese Preiserhöhungen zu stemmen? Bei euch und bei euren Kunden?
«Die Akzeptanz am Markt für Preiserhöhungen, ist vorhanden, da es fast alle betrifft. So kann ein Teil der höheren Kosten weitergegeben werden. Um Kosten zu sparen, werden aber teilweise Projekte redimensioniert oder es wird gänzlich darauf verzichtet, was wiederum negative Folgen für uns hat. Bei einer sowieso dünnen Margensituation ist es ein täglicher Kampf, zu überleben. Dies gilt für uns und unsere Kunden.»
Welche Strategie hilft euch, die Preiserhöhungen für eure Kunden möglichst moderat zu halten?
«Gemeinsam mit unseren Partnern vorausschauend denken und handeln ist sicher ein zentrales Element. Alternativen in der Kundenberatung zu suchen, Prozesse weiter zu verschlanken und den Gegebenheiten anzupassen, sind weitere Möglichkeiten, wenn auch kleine. Ansonsten helfen nur noch frühzeitige Reservationen oder Einkäufe von Papier usw., was wiederum Risiken mit sich bringt und die Flexibilität einschränkt.»
Gibt es aus eurer Sicht etwas, was von politischer Seite her unternommen werden könnte, um die in mehreren Branchen extremen Preiserhöhungen abzufedern?
«Die Sensibilisierung und den Fokus auf „Printed in Switzerland“ in der Wirtschaft muss vorangetrieben werden und Verhandlungen mit grossen Einkäufern – wie es viscom z.B. mit dem Bund bereits gemacht hat – müssen vorangetrieben werden. Im Weiteren müsste international der kartellartige Zellstoffmarkt analysiert werden, um mittelfristig Abhängigkeiten abbauen zu können.»
Darum hat sich der Papierpreis innerhalb eines Jahres verdoppelt
Elco, eines der bedeutendsten Unternehmen im Bereich «Briefumschläge & Schreibwaren», hat die Faktoren zusammengestellt, welche zur Verdoppelung des Papierpreises seit dem ersten Quartal 2021 geführt haben.
Energie
- Gestiegene Bezugskosten
- Ölpreis: in 12 Mt. um 99% gestiegen
- Gaspreis: Verdreifachung seit 01.21
- Keine Reserven an im Sommer gewonnenen erneuerbaren Energien (ENG Wind / BRA Wasserkraft)
Streik
Seit 1.1.2022 Streik beim Papierhersteller UPM, einem der weltweit führenden Hersteller grafischer Papiere
Transport
- Nachfrageüberhang Fracht/Logistik
- Fahrermangel in Europa
- Erhöhte C02-Bepreisung (Diesel)
- Mangelnde Kapazität
- Preise für Holzpaletten steigen stark
Hilfsmaterial
- Preise für Schachteln (Verpackungen) steigen massiv
- Folienfenster (Kunststoff) mit massivem Aufschlag
Globale Inflation
Preissteigerungen in allen Produktionsschritten (internationale Beschaffung und auch nationale Entwicklung)
Zellstoff (Grundlage Papierherstellung)
- Holzprodukte sind stark nachgefragt
- Massiver Anstieg der Zellstoffpreise
Papierherstellung
- Enormer Kapazitätsabbau in der Vergangenheit
- Bedarf kann nicht gedeckt werden
- Steigende Zellstoff- und Energiekosten schlagen sich massiv durch
- Verlagerung der Kapazität zu Verpackungsmaterial
- Papier für Buchproduktion ist stark nachgefragt