Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft und zwingt Unternehmen zur Transformation Ihrer Geschäftskonzepte. Die Druckindustrie ist eine der Branchen, die durch den digitalen Transformations-Prozess schon lange disruptiv verändert wird. Seit dem Jahr 2000 hat sich mehr als ein Drittel der grafischen Betriebe wohl oder übel aus dem Geschäft verabschiedet. Gleichzeitig sind neue Druckereien entstanden, die heute als «Big Player» den renommierten Unternehmen das Wasser abgraben – die Onlinedrucker. Die herkömmlichen Abläufe in einer Druckerei werden bereits seit langer Zeit durch das Internet beeinflusst und verändert.
Die Veränderung der gedruckten Information
Was ist geschehen? Vier wesentliche Faktoren haben die Entwicklung in der Branche angetrieben:
- die Digitalisierung der Druckvorstufe vom analogen Film zur digitalen Datei (PDF),
- die Erhöhung der Maschinen-Produktivität durch Prozessautomation,
- die Nutzbarkeit des Internets und damit der Zugang zu neuen Kundengruppen
- die wachsende Bedeutung des digitalen Laser- bzw. Inkjet-Drucks.
IoT in der modernen Druckerei steuert bereits Maschinen für das Schneiden, Falzen und die Logistik
Wie arbeitet eine Druckerei heute? Im Rahmen der technologischen Entwicklung hat der Barcode eine grosse Bedeutung in modernen Druckbetrieben. Mit dessen Hilfe werden Prozesse automatisch ausgelöst, Informationen bereitgestellt und Programme gestartet. Der Barcode hat den Vorteil, dass er sowieso gedruckt wird. Er wird deshalb oft auf einer Stelle im Druckgut platziert, die später sowieso abgeschnitten wird.
Produktivitätssteigerung und Automatisierung durch Online-Drucker
Viele technische Prozesse für die Druckvorbereitung sind durch die Digitalisierung entfallen oder laufen, gesteuert von Software, selbstständig ab. So ist die Gesamtproduktivität der Branche signifikant gestiegen, während die Produktionsmengen gleich hoch blieben und sich in manchen Bereichen sogar reduziert haben. Für viele Druckereien war das eine fatale Entwicklung. Genau in dieser Phase haben sich Online-Druckereien etabliert und wurden innerhalb kürzester Zeit zu den Stars der Branche. Die Digitalisierung der Kommunikation, also die Entwicklung einer benachbarten Branche, hat auch zum Trend hat beigetragen: Die gedruckte Information steht im Wettbewerb zu den Digitalen Medien – Social Media, Videostreams, Blogposts, Podcasts – die Zahl der Kanäle scheint grenzenlos. Aber das bedruckte Papier steht deshalb noch nicht vor dem Aus.
Neue Druckprodukte sind entstanden
Während viele Drucksachen wie beispielsweise Formulare fast ausgestorben sind, entstanden neue Druckprodukte und Kommunikationskonzepte.
- Ein Beispiel ist das private Fotobuch in Auflage 1. Der Kunde gestaltet sein Fotobuch per Software, die Daten werden per Web versendet und das Produkt online bezahlt. Ein Druckexemplar, das in Auflage 1 gedruckt wird, ist erst jetzt wirtschaftlich produzierbar.
- Ein zweites Beispiel ist Print-On-Demand. Werbeflyer sind heute in einer Auflage von 200 Stück rentabel druckbar, weil die Rüstkosten drastisch gefallen sind. Die Inhalte eines Flyers können kurzfristig geändert und aktualisiert und dann bei Bedarf gedruckt werden.
- Auch das individualisierte Werbemailing ist eine neues Marktprodukt: der variable Datendruck ermöglicht, dass Werbedrucksachen individuell auf das Kaufverhalten des Empfängers abgestimmt sind. Die Auflage der Mailing-Kampagne kann 1 Million sein, jedes einzelne Exemplar ist aber ein Unikat.
Das autonome Drucken mit IoT kommt bald
Durch den Einsatz von RFID kann die Automatisierung nun durch eine komplette Vernetzung der Dinge noch um ein Vielfaches gesteigert werden. So erkennen Maschinen selbstständig, wenn sie demnächst eine Wartung benötigen und melden dies automatisch der Service-Abteilung des Herstellers. Farbcontainer verfügen über Sensoren, die per Kanban Prinzip eine Bestellung auslösen. Papier-Paletten sind mit RFID-Chips verbunden und werden durch Sensoren und einen Regelbetrieb durch das Unternehmen geschleust. Der Weltmarktführer Heidelberger Druckmaschinen spricht in diesem Zusammenhang vom «Autonomen Drucken». Seine Maschinen stellen sich selbstständig auf einen Auftrag ein, regeln die Materialversorgung und melden rechtzeitig auftretende Störungen. Die Druckbranche ist für den Einsatz von IoT-Technik im Rahmen der Digitalisierung ideal geeignet. Der Deutsche Fachverband Druck- und Papiertechnik im VDMA hat aus diesem Grund ein Innovationsprojekt «Print 4.0» gestartet, das in Zusammenarbeit mit Key Playern aus der Druckindustrie Schnittstellenstandards erarbeiten soll, die eine Hersteller übergreifende Kommunikation aller Dinge im Druckprozess ermöglicht. Das Internet-of-Things ist also für die Druckindustrie ein weiterer Baustein, der dazu führt, dass noch mehr Prozesse in der Fertigung optimiert werden können und zu einer Senkung der Herstellungskosten führt. So wie bereits heute neue Produkte den Druckmarkt erobert haben, die früher noch nicht einmal gedacht waren, werden noch viele kreative Ideen und Konzepte entstehen, die das gedruckte Papier als Kommunikationsmittel attraktiv und wettbewerbsfähig machen.
Eine Anwendung, die das bedruckte Papier in Zukunft sehr interessant machen wird, ist die gedruckte Elektronik. RFID, Sensoren, Antennen, Stromspeicher können heute auf Basis von leitfähigen Farbpigmenten mittels klassischen Druckverfahren hergestellt werden. So werden heute schon Etiketten für hochwertige Produkte mittels gedrucktem RFID getaggt, um sie logistisch zu steuern. Oder gedruckte Sensoren im Etikett überprüfen, ob bei Lebensmitteln oder Medizin die Kühlkette eingehalten wurde und liefern dazu die digitale Information. Marathonläufer werden per gedruckter Startnummer mit RFID gescannt und der Zeitpunkt des Zieldurchlaufs gestoppt. In der Regel ist der Druck-Träger ein Polymer. Neueste Entwicklungen von Hochschulen, Forschungseinrichtungen wie der Fraunhofer Gesellschaft und auch Hersteller widmen sich dem Papier als Träger von leitfähigen Farben. Das bedeutet, dass eine digitale Information auf ein Druckprodukt aufgebracht werden kann, die später z.B. über NFC ausgelesen wird: eine URL, ein Steuerbefehl oder einfach nur eine ID.
Fazit
Durch die Automatisierung und die Vernetzung von allen am Produktionsprozess beteiligten Ressourcen wird die Herstellung von gedruckten Kleinstauflagen rentabel. Print-On-Demand und variabler Datendruck sind Anwendungsbereiche, die neue Druckprodukte generieren. So kann auch das analoge Papier durch die Digitalisierung und IoT an neuer Bedeutung gewinnen. Und zu Guter Letzt wird selbst Papier ein Ding im Internet sein.
Dieser Artikel entstand auf Anregung der Blogparade (#data4IoT) zum Internet der Dinge (IoT) von SAS Institute Inc. Er wurde von Frank Siegel verfasst, geschäftsführender Gesellschafter von Obility, einem führender Anbieter in der E-Business Print-Branche und durfte mit seiner Genehmigung für den Corporate Blog der Kromer Print AG übernommen werden.
Über den Autor
Frank Siegel beschäftigt sich bereits seit dem Jahr 2000 mit Web-to-Print-Technologien. Er hat frühzeitig den Trend hin zu onlinebasierten Geschäftsprozessen erkannt, wo Druckerzeugnisse effizient produziert und vermarktet werden. Von der Gestaltung über die Online-Bestellung bis zur Auftragsabwicklung einschliesslich der Produktion in verschiedenen Druckverfahren und aller kaufmännischen Prozesse. Direktlink zur Obility GmbH. Direktlink zum Originalartikel.